Voller Elan arbeiteten die Teilnehmenden der ersten «Startup-Schmiede» am 21. April an verschiedenen Geschäftsideen: vom Frequenz-Apparat, um den Körper natürlich in Form zu bringen, bis zum ausländischen Reparatur-Dienst für kaputte Geräte. «Ich habe bereits ein Produkt im Kopf und möchte daran feilen.» Oder: «Ich schaue mal, wie das geht, eine Firma zu gründen.» Die Motive der Besucherinnen und Besucher des startup baselland Events, der bei der Startup-Academy im TENUM Liestal stattfand, waren ganz unterschiedlich. Der Mini-Hackathon und Austausch untereinander sowie praktische Beispiele brachten sie einen entscheidenden Schritt weiter. Ausserdem erzählten mit Lorenz Diebold von Fitpass und Manuel Bernsau von VentoStream zwei erfolgreiche Firmengründer von ihren Erfahrungen und gaben wertvolle Unternehmens-Tipps.
Mit einem Frequenz-Gerät und gezielter Beratung möchte Jessica Menschen dabei helfen, ihre Idealfigur (zurück) zu erlangen – und zwar nicht invasiv und ohne zu hungern. Die Teilnehmerin sprüht nur so vor Ideen. «Überlege dir zuerst, welche Probleme dein Produkt abdecken soll», wird sie am Workshop aufgefordert: Wenn der Körper aus der Form geraten ist – etwa nach einer Schwangerschaft, nach einem Unfall, nach der Winterpause – nennt sie mögliche Motive für potenzielle Kunden. Am Workshop feilt die angehende (Jung)Unternehmerin zusammen mit den anderen Teilnehmenden an ihrem Geschäftsmodell, definiert aus den Problemfällen die einzelnen Zielsegmente und formuliert daraus «Nutzenversprechen» bzw. «Wertangebote».
Kosten, Einnahmen und Risiken abwägen
Ein anderes Fallbeispiel präsentiert Pawel: Er möchte mit Geräten, die kaputt sind, einen effizienten und erschwinglichen Reparatur-Dienst in der Ukraine inkl. Hin- und Rück-Transport aufbauen und Handel damit betreiben. Im Workshop wird er durch die (kritischen) Fragen der anderen dazu gebracht, die Geschäftsidee im Detail zu durchdenken und zu präzisieren: Welches sind die Qualitätsansprüche, die Kosten sowie Einnahmen und welche möglichen Risiken gilt es mit einzukalkulieren?
An der Wand daneben kleben bereits viele Zettelchen und diskutiert die Gruppe lebhaft die einzelnen Punkte. So möchte Claudia ihre ausgereifte Geschäftsidee (Unterstützung von KMU beim Innovations-Management) in die Praxis überführen: Über welche Kanäle sollen die Kunden erreicht werden, welches sind die «Schlüsselaktivitäten? Welche Ressourcen gilt es dazu einzusetzen, und wo gibt es allfällige Unterstützungs-Partner?
Prozess in zwei Stunden durchgespielt
Am Mini-Hackathon durchlaufen die 17 Teilnehmenden den Gründungsprozess in zwei Stunden. Als Grundlage dient das so genannte «Business Model Canvas», das auf strukturierte Art den Weg von der Idee zum Produkt/zur Dienstleistung weist. Sie kommen aus diversen Branchen und sind mit verschiedenen Vorstellungen am startup baselland Event dabei: «Einige möchten ihre konkrete Geschäftsidee umsetzen, andere Input, wie die Selbständigkeit funktioniert und Startups ticken.»
Thomas Kübler, Leiter Standortförderung Baselland, freut sich über ihr zahlreiches Kommen. «Dadurch, dass Sie an einem Samstag hier teilnehmen und intensiv arbeiten, beweisen Sie schon Unternehmer-Qualität, schmunzelte er: «Auch grosse, renommierte Firmen haben sich einst mit denselben Fragen beschäftigt wie Sie.»
Hilfe von Gründungs-Experten und -Profis
Am Hackathon bekommen die Teilnehmenden tatkräftig «Schützenhilfe» – zum einen von den Experten der anwesenden Organisationen: Maurus Basler von Basel Area&Business Innovation, Moritz Kistenmacher von der Startup Academy Baselland, Marcel Zumkemi vom Business Park Baselland, Gerda Massüger vom Business Parc Reinach/Liestal und Tea Ganser von startup baselland haben viel Erfahrung in der Beratung von Startups und in der Unternehmensführung (Fotos v.l.).
Zum anderen machen zwei Firmengründer aktiv (am Event) mit und erzählen von ihren praktischen Erfahrungen: Lorenz Diebold von Fitpass und Manuel Bernsau von VentoStream sind beide mit ihren innovativen Geschäftsmodellen erfolgreich unterwegs: Der eine hat zum Ziel, Windenergie auf ein neues Level zu bringen; der andere bietet unlimitiert Fitness und Wellness in der ganzen Schweiz an.
Fitpass-Modell in die Schweiz bringen
«Fitpass müsst ihr kennen. So habt ihr mit einem Abo 60 verschiedene Möglichkeiten, Sport zu treiben», erklärt CEO Lorenz Diebold dem Publikum. Der Clou: Mit dem Pass lässt es sich in über 360 ausgewählten Anlagen zeitlich flexibel trainieren». Die Idee zur innovativen Plattform gab es schon in Deutschland. «Unser Ziel war, dieses Modell auch in der Schweiz zugänglich zu machen.» Damit wollen die Macher möglichst viele Menschen in Bewegung bringen und Firmen dazu motivieren, ihren Mitarbeitenden eine präventive Sportförderung anzubieten.
Lorenz Diebold war ursprünglich in der Hotellerie tätig und wollte mal etwas anderes machen. Der umtriebige Hobbysportler tat sich mit einem Geschäftspartner zusammen. Gemeinsam entwickelten sie einen Businessplan und gründeten die heutige Firma. «Wir benötigten nicht viel Startkapital. So sind wir wie ein Airbnb – die kein eigenes Hotel haben.» Zwar brauchen sie keine Sporthalle, aber ein Büro für ihr mittlerweile dreiköpfiges Team, das sie im Business Parc in Reinach fanden. Auf den Verkauf des ersten Abos folgten mit der Zeit viele weitere – die erfolgreiche Geschäftsentwicklung spornte sie an weiterzumachen. Heute ist ihr Betrieb profitabel. Sein Tipp: «Sucht stets den Austausch und verwertet Feedback. Bewahrt Euch euren Startup-Spirit; erfindet Euch immer mal neu und bleibt Euch gleichzeitig treu.»
«Die Nase im Wind» hat der ebenfalls im Business Parc Reinach ansässige Manuel Bernsau mit seiner innovativen Turbinen-Technologie. Diese ist «dreimal effektiver und wirtschaftlicher als herkömmliche Windanlagen und bietet weitere entscheidende Vorteile mit ihrer deutlich kleineren Bauweise.»
Grossvater tüftelte an «Energiewandler»
Die «Bierdeckel-Idee» stammt ursprünglich vom Grossvater, der damals als Tüftler Maschinen mit einem Energiewandler effizienter machen wollte. Daraus entwickelte dann der Vater die erste Windanlage. Manuel Bernsau ist mit dieser «Erfindung» 15 Jahre lang mit (auf- und hinein-)gewachsen. Gemeinsam bauten und testeten beide unterschiedliche Testanlagen im Labormassstab.
Schliesslich hängte Manuel Bernsau seinen «gutbezahlten Ingenieur-Job mit Einverständnis seiner Partnerin an den Nagel» und gründete letzten August VentoStream. Als Erster im Familienbetrieb berücksichtige er bei dieser sehr kapitalintensiven Unternehmung gleichermassen den geschäftlichen Aspekt und machte sich für den Bau eines Prototypen sowie für die Anstellung von drei Mitarbeitenden auf Investoren-Suche. «Um an Startkapital zu kommen, benötigt man einen ausgereiften Business- und Finanzplan», betont er am Event. Die Mühe hat sich gelohnt. Mit 850'000 CHF frischem Kapital will das Startup (mit der neuen Beta-Version) noch diesen Sommer in Produktion gehen.
Einzelfirma, GmbH oder AG?
Am Ende der «Startup-Schmiede» gab es noch Tipps, unter welchen Bedingungen besser welche Firmenform zu wählen sei. So spiele es schon eine Rolle, ob man mit einer Einzelfirma, GmbH oder AG an den Start geht. «Sie müssen diesen Entscheid von Ihrem Kapitalbedarf in Abwägung zu den Risiken abhängig machen», lautete ein weiterer Experten-Tipp.
Mut und Motivation bekommen
Der Anlass machte Mut. Im Austausch mit Gleichgesinnten festigte sich bei der einen und beim anderen die Vorstellung, sich selbständig zu machen. «Das ist für mich der Startschuss für meine Geschäftsidee im Kosmetikbereich», strahlt ein Teilnehmer.
Auch die beiden Freundinnen, Alexandra und Lara, sind hochmotiviert. Die eine ist Mutter und wünscht sich mit dem eigenen Geschäft (als Kategorien-Managerin im Textilbereich) mehr berufliche Flexibilität. Die andere möchte auf der Prävention psychischer Gesundheit (wie Resilienz) fokussieren. Beide haben am Event «wertvolle Unterstützung und viel Energie für die nächsten Schritte» erhalten.
Bericht: Kathrin Cuomo-Sachsse, Kommunikation startup baselland;
Fotos: Aljoscha Oesch und Kathrin Cuomo-Sachsse