Mimi hat sich mit ihrem schmucken Pole Dance-Studio in Liestal einen Herzenswunsch erfüllt. Ergänzend zur Selbständigkeit arbeitet die Informationsspezialistin in einer Bibliothek. Die Startup Academy begleitet sie beim Aufbau ihres Geschäfts und ermutigte sie, mit Crowdfunding ihren grossen Wandspiegel zu finanzieren.
Mimi ergreift die Stange, hält sich mit beiden Händen daran fest, nimmt Schwung und kreist sanft und geschmeidig mit gestreckten Beinen im Kreis, geht kopfüber in die Waagrechte und vollführt verschiedene Figuren. Ihr Pole Dance ist sportlich gepflegt – artistisch und erotisch zugleich.
Der grazile Körper der Tänzerin ist durchtrainiert. Jede Bewegung sitzt. Obwohl viel Konzentration und Kraft dahinter steckt, wirkt ihre Vorführung leicht und schwerelos. „Pole Dance verkörpert für mich alles. Es macht Spass, ist ganzheitliches Workout, fördert die Kreativität und stärkt das Selbstbewusstsein. Indem du dich im Spiegel siehst, lernst du dich zu akzeptieren und mit dir selbst umzugehen“, schwärmt Mimi: „Praktisch jede(r) kann das machen und mit einfachen Spins und Tricks einsteigen. Es ist erstaunlich, wie schnell man mit Pole Dance an Fitness und Muskelkraft gewinnt“, ergänzt sie.
Gruppen-Training im kleinen Kreis
Mit ihrem eigenen Tanzstudio hat sich die zertifizierte Instruktorin 2022 einen Traum erfüllt. („Pole Bijou“ wählte Mimi als Namen, um mit ihrem „schmucken“ Raum französischen Charme hineinzubringen – ganz nach dem Vorbild ihrer Grossmutter, die auch getanzt hat und aus Nizza stammte.)
Stolz präsentiert sie den 65 Quadratmeter grossen und bis zu 6 Meter hohen Saal, den sie mit der Zimmerpflanze „Manfred“ teilt. Hier sind eine imposante Spiegelwand und 7 Pole-Stangen installiert. Sie hält ihre Gruppen mit maximal 6 Teilnehmenden bewusst klein und familiär.
Verschiedene Kursmodule
Ihr breit gefächertes Angebot umfasst verschiedene Kurseinheiten – angefangen beim klassischen «Pole Dance» über «Heels Flow» bis hin zum «Floorwork». Weiter gehört Yoga kombiniert mit High Intensity Intervall Training (HIIT) in ihr Programm. Neben Gruppen- erteilt sie Einzelunterricht, führt einen kleinen Shop und (unter)vermietet ihren Raum an Dritte.
Ursprünglich wollte die Jungunternehmerin als ehemalige Rudolf-Steiner-Schülerin Eurythmie-Lehrerin werden, machte dann aber eine Ausbildung zur Informations- und Dokumentations- Fachfrau und studierte Information Science an der FH in Graubünden. Zehn Jahre arbeitete sie in der Mittelschulbibliothek in Aarau. Ballett hat sie während der Lehre getanzt und mit Hiphop weiter gemacht. Ihr damaliger Tanzlehrer führte sie schliesslich zu Pole Dance, wo sie sprichwörtlich an der Stange hängen blieb und was sie später in ihrer Freizeit selbst unterrichtete.
Veränderung in ihrem Leben
2020 war das Jahr der Veränderung: „Ich kündigte meinen Job, wollte verreisen und eine Auszeit nehmen.“ Dann kam Corona. Und Mimi suchte Veränderung in ihrem Leben. „Ich wollte mir mein eigenes Reich, etwas Kleines und Feines, eben ein Bijou, aufbauen, wo ich meine Ideen umsetzen und mir dazu die Zeit selbst einteilen kann.“ Durch ihre Ausbildung und Anstellung hatte sie ihr Organisationstalent schon unter Beweis gestellt. „Doch als sicherheitsliebender Mensch brauchte ich etwas Zeit für diesen Schritt“, erklärt sie.
Expertenwissen vermittelt
In die Selbständigkeit wurde sie schliesslich von der Startup Academy begleitet: „Auf ihrer Website konnte ich bereits alle relevanten Informationen herunterladen. Ihr Basler Geschäftsführer, Markus Fischer, fand meine Businessidee toll und teilte mir eine Mentorin zu. Diese half mir – auch mit kritischen Fragen – sei es, ob ich eine Dusche benötige – sei es, wie ich meine Kunden erreiche.“ Mimi verfasste dann einen Businessplan. Und die Startup Academy vermittelte ihr Experten bzw. Fachleute, die sie u.a. zu rechtlichen und versicherungstechnischen Fragen berieten.
„Tricky war die Suche nach einem geeigneten Raum und dessen Einrichtung“, erzählt Mimi. Dieser musste mindestens 4 Meter hoch und bezahlbar sein. So gingen die Materialpreise kriegs- und krisenbedingt durch die Decke, u.a. liess sie die massgefertigten Stangen aus Slowenien anliefern.
Finanziert hat sie ihr Unternehmen von den eigenen Ersparnissen und lebt gleichzeitig vom Gehalt ihrer 50-Prozent-Stelle an der Universitätsbibliothek Basel. Aufgrund der steigenden Materialpreise und ermutigt von der Startup Academy sowie ihrer Familie startete sie überdies eine Crowdfunding-Aktion für ihren grossen Wandspiegel. Den ursprünglich angepeilten Betrag von 6000 Schweizer Franken erreichte sie in nicht einmal 48 Stunden. In Rücksprache mit der Crowdfunding-Plattform wemakeit stockte sie den Preis für die restlichen 28 Tage auf 10000 CHF auf.
Mit gezielter Werbung war es ihr gelungen, die für die Finanzierung ihres Projekts erforderliche Community aufzubauen – zunächst Freunde und Bekannte zu mobilisieren und dann den „Investoren“-Kreis auf Nachbarn, Arbeitskollegen und zuletzt auf Fremde zu erweitern. Das dazu notwendige Dauer-Bespielen der Social Media und anderer Kanäle mit Texten und Videos forderte sie, zahlte sich aber letztlich aus.
Auf dem Land „Fuss fassen“
Ihr Tanzstudio liegt im Hanroareal in Liestal. Von dort will sie das (obere) Baselbiet erobern. Sie ist sich bewusst, hier keine Laufkundschaft zu haben. In der Stadt sei man schneller bekannt als auf dem Land und zudem offener für Pole-Tanz.
Die Gründungsphase ihres Startups war v.a. wegen der Pandemie schwierig. „Potenzielle Kundinnen reagierten noch verhalten, hatten "Berührungsängste", wollten sich nicht mehr auf Hobbies festlegen und scheuten fixe Termine“, sagt sie. Deshalb hat sie das flexible Konzept der Stundenkärtchen eingeführt, die in einem bestimmten Zeitraum einlösbar sind. „Die Kundinnen buchen sich im System ein, reservieren einen Platz und können sich noch bis 24 Stunden vor Kursbeginn abmelden“, erklärt Mimi.
Angebot ausweiten
Heute hat Mimi ihren festen und begeisterten Kundenstamm, ihr Raum ist gut ausgelastet und sie mit dem Geschäftsverlauf ebenfalls zufrieden. Zwischen Halbtagsstelle und Tanzstudio balancierend, pendelt sich langsam ihr Arbeitspensum ein. Darüber hinaus nimmt sie an Tanzveranstaltungen teil und möchte ein Fest zum einjährigen Bestehen von Pole Bijou veranstalten. Ihre blauen Augen blitzen, wenn sie begeistert von ihren Plänen erzählt. Auch ihr Angebot baut sie laufend aus (u.a. in Richtung Yoga/Gymnastik etc.) und kann sich beispielweise Seniorinnen als weiteres Zielsegment gut vorstellen. Für Spezialisierungen hält sie sich mit entsprechenden Weiterbildungen fit.
Parallel zum stetigen Wachstum würde sie Mitarbeitende einstellen und gern ein kleines Team führen. „Doch zuerst sollte ich dazu das Geld erwirtschaften“, mahnt sie sich zur Vorsicht. So gibt es als Selbständige viel zu tun, was nicht vergütet wird, oder was sie auslagern und selbst bezahlen muss: Angefangen bei der Buchhaltung über das Reinigen ihres Raums bis zu den Marketing-Massnahmen: Die Website hat sie selbst gestaltet, verschickt regelmässig Newsletter, verteilt Flyer an Events, lanciert Posts auf Instagram u.a.m.
Vom Netzwerk profitieren
Derweil nutzt Mimi das breite Netzwerk und die Angebote vom Startup-Academy-Begleitprogramm. „Es gibt ganz viele Anknüpfpunkte, von denen man profitieren kann. So lernt man an Anlässen Gleichgesinnte kennen, die auch im Gründungsprozess sind, was einem den Start sehr erleichtert.“
Bericht: Kathrin Cuomo-Sachsse, Kommunikation startup baselland